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Brautportal und Maßwerke der Nordfassade des Bremer Doms

Die Fassade des Bremer Doms zum Domshof mit dem Brautportal und zwei Reihen (Etagen) von Maßwerkfenstern bietet keine Indizien zur Geschichte der Westportale. Aber ihre kurz nach 1817 durchgeführte Renovierung macht deutlich, dass sich der Dom vor der Erneuerung durch Max Salzmann und Ernst Ehrhardt durchaus nicht im allgemeinen Verfall befand. Und sie bewirkte nennenswerte Unterschiede gegenüber dem Bauergebnis von 1522.


Oben bestehendes Y-Maß-
werk, unten Portalentwurf


Neugotisch, oben Flamboyantmaßeerk,
unten bestehendes Y-Maßwerk


Oben und unten bestehendes Y-Maßwerk,
Portal klassizistisch


Hans-Christoph Hoffmann hat in seinem Buch Die Erhaltung des St. Petri Doms zu Bremen im Kapitel Die ersten Baumaßnahmen nach dem Übergang des Doms an Bremen (S. 26–28) einen Beschluss der Bauherren erwähnt, die Türen und Treppen an der Domshofseite dem Haupteingang im Nordturm anzugleichen. Die von Johann Georg Poppe (Sen.) vorgelegten Entwürfe zeigen jeweils Teile des Bestandes und seinen Vorschlag. Wie aus einer Fußnote hervorgeht, begannen die Arbeiten erst 1818.


Foto vor 1888, helle Fenstergewände zu erahnen

Zwei Joche links
neben dem Brautportal


Oben ab 1818 erneuerte Fenstergewände und Flamboyantmaßwerk,
unten ab 1891 erneuerte Wandflächen und originalgetreues Y-Maßwerk


Auf Johann Daniel Heinbachs Zeichnung des Domshofs erscheint das Brautportal nur als dunkle Stelle zwischen den im 18. Jahrhundert an das Nordseitenschiff angelehnten Gottesbuden. Daher ist dessen Gestalt vor 1818 unbekannt. Das auf Gemälden, Zeichnungen und Fotos des 19. Jahrhunderts abgebildete Rundbogenportal mit Maßwerk über der Tür ist also bis zum Beweis des Gegenteils als Schöpfung des frühen 19. Jahrhunderts anzusehen. Das Maßwerk sieht dem der Westportale ähnlicher als Müllers Vorentwurf. Vom 18. Jahrhundert bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts war das nördliche Westportal hinter einem angebauten Haus verborgen, sodass schwer festzustellen ist, wann das dortige Maßwerk entfernt wurde – vielleicht, um im Brautportal Verwendung zu finden.

Johann Daniel Heinbach: Domshof 1730,
„Akkurate Einteilung der Häuser der Katharinenhof-Kompanie“


Wilhelm Below: Bauaufnahme zur Ausschreibung für den Architektenwettbewerb, 1887,
im Unterschied zu seiner Aufnahme der Westfront ohne fanatsievolle Zutaten


Der Vergleich der Entwurfszeichnungen legt nahe, dass bis 1818 alle Fenster an der Nordseite des Schiffs Y-Maßwerk hatten. Die Fenster der oberen Etage/Zone wurden erneuert und erhielten Flamboyant-Maßwerk. Die helleren weil jüngere Wandoberflächen um diese Fenster sind schon auf einem Foto des 19. Jahrhunderts zu erkennen, und der helle Farbton sticht auch heute vom dunkleren sowohl des mittelalterlichen, als auch des von Salzmann ersetzten Wandmaterials ab.

Die unteren Fenster haben offensichtlich noch ihre Aufteilung aus dem frühen 16. Jahrhundert und zeigen Unterschiede zwischen älterem und neuerem Material. Trotzdem kann auch das ältere Material schon aus einer Erneuerung stammen.

Nur bei sehr genauer Betrachtung offenbart sich ein Unterschied in der Geschichte der umgebenden Wandflächen: Neben den oberen Fenstern zeigt sich im Foto von vor 1888 die gleiche Verteilung an Helligkeitsnuancen der einzelnen Quader wie heute. Besonders gut ist dies beidseits des großen Fensters über dem Brautportal zu erkennen. Ausgenommen ist die Fläche rechts neben dem westlichsten Fenster. Dort und am diagonal stehenden Strebepfeiler am Ende des Langhauses wurde das Oberflächenmaterial offenbar von Salzmann ausgetauscht. Ebenso verändert und dabei heute gleichmäßiger getönt als vor 1888 ist der oberste Meter bis zur neu angebrachten Traufenbalustrade. Außerdem ausgetauscht hat Salzmann das Oberflächenmaterial unterhalb des unter den oberen Sohlbänkenverlaufenden Simses. Das Sims bei den unteren Sohlblänken gab es vorher nicht.

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