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Kirchendarstellungen in mittelalterlichen Siegeln und Stifterbildern

Um die Aussagekraft des Bremer Stadtsiegels von 1230 zu beurteilen, bietet sich der Vergleich mit anderen Siegeln jener Zeit an, also vor allem 12. bis 14. Jahrhundert, und mit Stifterbildern einschließlich entsprechender Skulpturen. Eine brauchbare Zusammenstellung bietet das Buch Rheinische Stadtsiegel von Toni Diederich, auch wenn es aus den mehr als 10.000 von Wilhelm Ewald 1914 bis 1934 zusammengetragenen Siegeln nur eine Auswahl von 108 Exemplaren vorstellt. Einige wertvolle Ergänzungen fanden sich durch Internetrecherche. Nach Möglichkeit sind die dortigen Darstellungen von Kirchen mit späteren und fotografischen Abbildungen zu vergleichen.

Reims:
Aus dem 12. Jahrhundert ist ein Siegel des Domkapitels von Reims erhalten, das detailreich und glaubhaft die Kathedrale aus Nordwesten darstellt, mit einem Vierungsturm und einer Doppelturmfassade (mit einem Portal zwischen den Türmen). Das passt zu einer chronikalischen Nachricht, dass die Kathedrale (vor der Zeit des Siegels) nachträglich mit zwei Westtürmen ausgestattet wurde. Mehr lässt sich wegen des ab 1211 errichteten Neubaus nicht überprüfen.

Siegel des Domkapitels von Reims
 
Aachen:
Eines der Reliefs im Dach des bald nach 1182 erstellten Aachener Karlsschreins bildet eine Art von Stifterbild: Karl der Große überreicht kniend der heiligen Maria ein Modell des Aachener Doms. Chor, Untergaden und Obergaden der Pfalzkapelle und die Seitenkapelle am Westturm sind zweigeschossig befenstert. Sogar die Brücke vom obersten Geschoss der Pfalzkapelle zum Westturm ist abgebildet. Portale sind nicht dargestellt.

Stifterbild des Aachener Doms auf dem Karlsschrein
Im ab etwa 1328 verwendeten Geschäftssiegel der Stadt Aachen ist die Geschosszahl der Pfalzkapelle vermindert. Wie Diederich betont, ist aber gut zu erkennen, dass an dieser schon Modernisierungen vorgenommen worden waren, am Turm und am Chor aber noch nicht.
Lennep

Aachener Dom 1635 bei Hogenberg
 

Aachener Dom um 1900
Braunschweig:
Auf dem Grabmal Heinrichs des Löwen im Braunschweiger Dom hält Heinrich ein Modell des Doms auf seiner Hand. Alle damals bestehenden Teile des Doms sind realistisch dargestellt, einschließlich des spitzbogigen östlichen Obergadenfensters (das an beiden Seiten des Schiffs, also paarig vorliegt). Hinsichtlich dieses Fensters gibt es unterschiedliche Ansichten, wann dieses in seiner heutigen Form erstellt wurde, und damit auch das Grabmal. Vielfach wird eine Datierung ab 1220 angenommen, aber hinsichtlich des Spitzbogenfensters gibt es als Nachfolgebau die schon 1204 (d) errichtete Dorfkirche von Winterfeld in der Altmark. Hinsichtlich des Portals in der Stirnwand des Seitenschiffs ist das Modell allerdings spiegelbildlich: Ein romanische Portal gibt es noch heute im Nordgiebel. Der Südgiebel hatte nie ein Portal, zu erkennen an einem zwischen dem Abriss der Klausur (1829) und dem Anbau der neuromanischen Taufkapelle (1889) aufgenommenen Foto.

Braunschweig, Kirchenmodell
auf Heinrichsgrab



Braunschweig, südl. Querhausgiebel vor 1889
Köln:
Neben der Form des Stifterbildes und reinen Gebäudedarstellungen gab es Siegel, den Namenspatron der Hauptkirche, also den Stadtheiligen, in der Vordergrund stellten, nicht selten in einem Rahmen mit Kleeblattbogen. Drum herum waren Kirche und Stadtmauer oft nur schwach angedeutet. Im ersten großen Stadtsiegel von Köln, belegt ab 1149, sitzt Petrus auf einer Bank zwischen den vier Ecktürmen und unter dem Vierungsturm, den Dom symbolisieren sollen. Eine Apsis (nur) bei den Ecktürmen links im Siegel legt nahe, dass es eine Seitendarstellung der Kirche sein soll. Ersetzt wurde dieses Siegel zwischen 1260 und 1270, als von dem 1248 begonnenen gotischen Dom kaum mehr als der Kapellenkranz fertiggestellt war. In dieser Situation platzierte der Siegelschneider den heiligen Petrus vor einem Hintergrund aus gotischen Architekturelmenten, also Maßwerk und Strebewerk.

Köln, großes Stadtsiegel ab etwa 1140

Köln, großes Stadtsiegel ab etwa 1260–1270
Mainz:
Das erste große Stadtsiegel von Mainz, erstmals belegt an einer zwischen 1143 und 1153 ausgestellten Urkunde, also zu ähnlicher Zeit wie das Kölner, zeigt einen heiligen Martin mit Bischofsinsignien. Die Andeutung der Kathedrale hat große Ähnlichkeit mit dem ersten Kölner Stadtsiegel. Allerdings stehen die vorderen Ecktürme jeweils auf einem Stück Dach, auf dem seitlich davon noch ein kleinerer Turm steht. Angesichts von auch damals schon vier Ecktürmen und zwei Vierungstürmen erweckt die Verteilung der Türme den Eindruck einer dekorativen Spielerei ohne Bezug zur realen Gestalt des Mainzer Doms. Das zweite große Siegel der Stadt, seit 1254 dokumentiert, ist feiner gearbeitet, behält aber die Komposition des Vorgängers bei.

Mainz, erstes Siegel ab etwa 1140

Mainz, ab 1244
 
Neuss:
Zitate aus dem ersten Kölner Siegel finden sich in den Stadtsiegeln von Neuss und von Deutz, beide Städte Gründungen der Kölner Erzbischöfe. Das älteste Stadtsiegel von Neuss, erstmals für 1245 nachgewiesen, gleicht im Siegelbild prinzipiell dem ersten (romanischen) großen Kölner Stadtsiegel, obwohl das Neusser Quirinusmünster auch zu der Zeit einen Vierungsturm mit vier Begleittürmen und einen Westturm hatte. Der so eingerahmte Heilige ist hier mittels Inschrift als Quirinus ausgewiesen.

Neuss, Siegel ab mind. 1245
 

Neuss, St. Quirinus
Deutz:
Das Deutzer Siegel wird mit dem Recht zu einer Stadtbefestigung 1230 in Verbindung gebracht. Hier wird die Architekturdarstellung nicht durch ein Heiligenbild beeinträchtigt. Die Deutzer Stiftskirche war ein Rundbau, wie Befunde an der heutigen Kirche und ein Holzshchnitt von 1530 belegen. Auf diese Gebäudegestalt lässt sich der hohe zweigeschossige Turm in der Mitte des Siegels beziehen. Davor ist sehr groß ein Portal mit Zierbeschlägen dargestellt , nicht als Teil eines Baukörpers und nicht als Teil der Stadtmauer. Flankiert wird es von zwei hohen Türmen. Zwei wohl perspektivisch verkleinerte Türme sind neben dem Mittelturm angeordnet. Seitlich an die vorderen Türme schließen Apsiden an. Wie viel an dieser dekorativen Komposition reale Gebäudeteile repräsentiert, bleibt unklar.

Deutz, Siegel ca. 1273

Deutz, Stiftskirche St. Heribert 1550
 
Worms und Straßburg:
Realitätsnaher als die Köln-Mainzer Siegelgruppe wirkt das Wormser Stadtsiegel, entstanden vor 1198, also schon im 12. Jahrhundert , aber nach den ersten Siegeln von Köln und Mainz: Über der von einem Kleeblattbogen eingerahmten Darstellung des heiligen Petrus mit (Schlüssel und Buch) erhebt sich die östliche Turmgruppe des Doms aus breitem Vierungsturm mit Kegeldach und zwei Ecktürmen mit doppelten Glockengeschossen. Flankiert werden Petrus und Domtürme von zwei Stadttoren mit Turm. Allerdings wurde die Wormser Architekturdarstellung von der Stadt Straßburg für ihr Siegel übernommen, Erstbeleg 1201. Von beiden Siegel ist nicht genau bekannt, wann sie geschnitten wurden, aber da die Turmgruppe zweifelsfrei zum Wormser Dom gehört, ist das dortige Siegel als das ältere zu betrachten.

Worms, Stadtsiegel seit vor 1197

Wormser Dom von Nordosten
 

Straßburg, Stadtsiegel seit vor 1201
Bonn
Das große Bonner Stadtsiegel wird von Toni Diederich auf die Regierungszeit des Erzbischofs Conrad von Hohenstaden datiert, 1244–1261. Die Figur des heiligen Cassius lässt genug Platz für eine zusammenhängende Darstellung wichitiger Teile des Bonner Münsters, allerdings nicht hinab bis zu dem Seitenschiffen. Als Kunstgriff sind Ostchor und Langhaus in gleichen Längen dargestellt, um den achteckigen Vierungsturm mit Faltdach in der Mitte zu platzieren. Wenn die Punktereihe unter der Dachtraufe rechts des Turms den Obergaden andeuten soll, sind runde und eckige Ecktürme gegenüber der Realität vertauscht, da die eckigen in Wirklichkeit am Ostchor stehen, im Siegel aber am Schiff. Rechts von ihnen ist die Westapsis zu erkennen.

Bonn, großes Siegel ab 1244–1280

Bonner Münster von Norden
Boppard:
Das zweite große Stadtsiegel der Reichsstadt Boppard ist ab 1236 nachgewiesen, nur zwanzig Jahre nach ihrem ersten. Es zeigt einen Mauerring mit Tor und darin – beschriftet – die Stadtkirche St. Severus. Die beiden Türme sind schräg versetzt abgebildet, der Chor mit hohen Fenstern der Zwerggalerie darüber, der Obergaden des Langhauses mit einem Fenster zu viel. Real gibt es dort zwischen den Fenstern ein paar Blenden gleicher Größe.

Boppard, ab 1236

Boppard, St. Severus
 
Kyllburg:
Das Stadtsiegel von Kyllburg ist ab 1347 erwähnt. Die dortige Stiftskirche ist aus Nordwesten dargestellt. Während an der Seitenwand Sockelzone und Fensterzone deutlich unterschieden sind, erstreckt sich im Westgiebel eine große spitzbogige Öffnung vom Erdboden bis knapp unter Traufenhöhe. Man blickt also in den (wahrscheinlich provisorisch mit einer Bretterwand verschlossenen) Gewölbequerschnitt des Schiffs, die Kirche ist in ihrer damaligen Unfertigkeit abgebildet. Die Strebepfeiler sind mit ihren Absätzen dargestellt, die Fenster mit einer Andeutung von Maßwerk. Der eigezogene polygonal schließende Chor ist links des westlichen Strebepfeilers verkürzt dargestellt (nicht, wie Diederich meinte, weggelassen), was der Nordwestsicht angemessen ist. Überzeugend äußerte Diederich, der Dachreiter sei für die Zeit vor Errichtung des Nordwestturms glaubhaft. Und doch ist auch dieses Bild idealisierend:
Real sind nur die beiden östlichen Südfenster des Schiffs gleich groß, das dritte (und das bei Siegelerstellung vielleicht noch nicht gebaute vierte) ist kleiner und setzt höher an, weil sich darunter das Hauptportal befindet. Größenunterschied und Portal hat der Siegelschneider weggelassen.
 

Kyllburg, ab 1347

Kyllburg, Stiftskirche
Kempen (Niederrhein):
Für Kempen ist keine Stadtrechtsurkunde erhalten, sondern für die im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts erzbischöflich angeordnete Befestigung wird ein schon bestehendes Stadtrecht vorausgesetzt. Das Erste Siegel ist 1305 belegt. Für diese Zeit vor den spätgotischen Erweiterungen gibt es archäologische Indizien einer romanischen Gewölbebasilika. Das Siegel zeigt die nördliche Längsseite einer Kirche mit Westturm und deutet die Basilika durch ein mit Abstand unterhalb der Dachtraufe verlaufendes Sims an. Oberhalb liegen geradezu querrechteckige Fenster, unterhalb zeigt die Wand eine Quaderung, aber keine Fenster, sondern nur Portale, eines im Schiff und eines im Turm.

Kempen, Siegel ab 1280–1290
Andernach:
Von Andernach gibt es zwei Siegel untereinander ähnlichen Inhalts, mit relativ kleinen Gebäudedarstellungen, da Maria als Stadtheilige jeweils zwei Modelle auf ihren Händen hält, in der rechten eine Kirche, in der linken eine befestigte Anlage. Da erste Siegel ist von 1259 bis 1303 belegt, aber anhand der Form der Mariendarstellung und der Schrift datiert Diederich es auf das 12. Jahrhundert, damit vor die Zerstörung der Stadt und ihrer Kirche, deren Gestalt unbekannt ist, durch Philipp von Schwaben im Jahr 1198. Das zweite Siegel ist erstmals 1308 nachgewiesen. Obwohl die Stadtkirche zu der Zeit schon die heutige stattliche viertürmige Basilika war, erscheint die Kirche in dem mit Details geradezu überladenen Siegel kleiner und bescheidener als im vorangegangenen.

Andernach, Siegel wohl noch 12. Jh.

Andernach, Siegel ab 1308
Bergisches Land:
In den sechziger und siebziger Jahren des 13. Jahrhunderts wirke im Bergischen Land ein Siegelschneider, der seine Abbildungen von Kirchen gerne mit Reihen zahlreicher Fenster ausstattete, die in Wirklichkeit nur wenige Fenster hatten.

Lennep, ab etwa 1260

Wipperfürth, mögl. ab 1246,
belegt ab 1267

 

Ratingen, Stadtrecht seit 1276
Würzburg:
Das ab 1237 belegte und bis 1560 verwendete Stadtsiegel von Würzburg platziert den Stadtheiligen St. Kilian in einem ornamental aufgeweiteten Stadttor der V-förmig nur vor dem Dom dargestellten Mauer. Das Tor verdeckt die Westfassade des Doms unter und zwischen den Westtürmen. Hervorgehoben ist das charakteristische breit ausladende Querhaus dieser Bischofskirche. Die Osttürme, real dem Chor anliegend sind zwecks Sichtbarkeit zur Seite gerückt. Ihre geringe Höhe ist glaubhaft, sie wurden erst Mitte des 13. Jahrhunderts aufgestockt.

Würzburg, Stadtsiegel 1237 bis 1560

Würzburger Dom
Leipzig:
Das ab 1287 belegte Leipziger Stadtsiegel ähnelt in der Verteilung der Bildelmente auffällig dem Würzburger, ebenso die Türmchen seines Stadttores, das hier aber eine normale Tordurchfahrt aufweist. Daraus soll nicht geschlossen werden, das Leipziger Stadtsiegel sei speziell dem Würzburger Vorbild gefolgt, es kann einige andere ähnliche Siegel gegeben haben. Die Westtürme der Nikolaikirche (die den zusätzlichen mittleren Westturm erst ab 1555 erhielt) haben völlig andere Dächer als die im Würzburger Siegel. Die seitlich neben dem Turmpaar der Nikolaikirche angeordneten Türme scheinen weitere Kirchen zu verkörpern, wenn auch in Form untereinander gleichartiger Stilisierungen. Einer dürfte für die tatsächlich eintürmige Thomaskirche stehen, der andere evt. für die Paulinerkirche, wiewohl die nur einen Dachreiter hatte.

Leipzig, belegt ab 1287
B. Kreuznach:
Das Kreuznacher Stadtsiegel wurde erstmals 1261 vermerkt. Hinsichtlich Baudetails lässt es sich nicht überprüfen, da die dargestellte Kirche St. Martin 1590 abgerissen wurde. Wie im Würzburger und im Leipziger Siegel sind Teile der Kirche von einem mittig davor gestellten Stadttor verdeckt

B. Kreuznach, Stadtsiegel seit 1261 vermerkt
Koblenz:
Im erstmals für 1254 belegten dritten großen Stadtsiegel von Koblenz steht am Winkel der auch hier V-förmig angeordneten Stadtmauerteile kein Stadttor. Hinter der Mauer stehen drei Baukörper mit je einem Eingangstor. Auf den ersten Blick erinnert das an die typischen dreiportaligen Doppelturmfassanden jener Zeit, mit dem Hauptportal zwischen den Türmen und Nebenportalen in den Türmen. Diederich wertete das Siegel dementsprechend als Darstellung einer einzigen Kirche. Koblenz beherbergte damals wie heute drei große Kirchen mit Doppelturmfassaden, damals waren es zwei Stiftskirchen und eine Pfarrkirche, aber wie heute hatte wohl jede nur ein einziges Westportal. Die drei Baukörper im Siegel haben unterschiedliche Grundlinien, die seitlichen Baukörper sind im Verhältnis zum mittleren weit zurückgesetzt, ihre waagerechten Simse leicht nach außen gedreht. Damit repräsentieren sie drei verschiedene Gebäude.
Die beiden seitlichen Baukörper haben Obergeschosse in Form antiker Tempel und tragen Kreuze. Damit dürften sie für die beiden Stiftskirchen stehen, St. Kastor und St. Florin. Der vordere, mittlere Baukörper hat zum Unterschied ein steiles Giebeldreieck mit modischer Blendengliederung und trägt eine Kreuzblume. Da die Pfarrkirche (Liebfrauen) wie die großen Stiftskirchen eine Zweiturmfront hatte und noch heute hat, und keine der drei Kirchen einen Blendengiebel, könnte dieser zu einer turmlosen Kirche gehören, etwa der vor 1246 begonnenen ( s. Dehio Südwest-D. S. 185) Dominikanerkirche.
 

Koblenz, 3. großes Stadtsiegel, belegt 1254

Koblenz, Stiftskirche St. Kastor, Mittelschiffsgiebel nach dem
2. WK verändert


Koblenz, Liebfrauenkirche

Koblenz, Stiftskirche St. Florin
Soissons:
Das Siegel des Archidiakons von Soissons, etwa 90 km nordöstlich von Paris, entstanden 1266–1273, zeigt die Westfassade einer Kirche mit Portal, aber nicht dortige Kathedrale. Der um 1800 gemalten Türme der Abteikirche Notre-Dame sehen zwar ähnlich aus, aber dort stand der hohe Turm auf der Vierung, die beiden seitlichen Türme weiter westlich. Die Abteikirche St-Léger hat einen mittelständigen Westturm, der, in den Religionskriegen zerstört, ab Ende des 16. Jahrhunderts seine heutige Form erhielt.

Soissons, Siegel des Archidiakons

Soissons Kathedrale
 

Soissons St-Léger

Soissons, Abteikirche Notre-Dame um 1800
Mehun-sur-Yèvre:
Die Stiftskirche Notre-Dame in diesem kleinen Ort am Cher hatte seit dem 12. Jahrhundert einen Westturm, aber nie ein Querhaus. Erst 1466 wurde an der Südseite eine herrschaftliche Kapelle angebaut. Es ist also zu argwöhnen, dass sich das Stiftkapitel mit „geliehenem“ Glanz schmückte.

Mehun-sur-Yèvre, Siegel des Stiftskapitels, ab etwa 1300

Mehun-sur-Yèvre,
Siegel des Stiftskapitels, ab etwa 1300

 
Groningen und Oldambt:
Streng seitlich ist die Abbildung der Groninger Martinikerk im Stadtsiegel von 1245. Es ist also wenig jünger als das Bremer Stadtsiegel. Seither wurde der Chor durch einen basilikalen Umgangschor ersetzt und das Langhaus zur Hallenkirche umgebaut, die aber viel älteres Material enthält. Das Querhaus wurde kaum verändert. Die Darstellung stimmt mit sichtbaren Resten und archäologischen Befunden gut überein. Knapp hundert Jahre später legte sich die friesische Landgemeinde Oldam(b)t ein Siegel zu mit dem Abbild der Kirche von Midwolda, in der ihre Ratsversammlungen tagten. Auf den ersten Blick ähnelt es dem Groninger Siegel mit der Martinikerk, und doch sind alle Details, v. a. Türme, Fenster und Portale, aus Midwolda und nicht aus Groningen.

Groningen, Siegel von 1245

Siegel Oldambt mit Kirche Midwolda, ab 1347
 
Basel und Bremen:
Das Groß-Basler Stadtsiegel (SIGILIVM CIVIVM BASILENSIVM, „Siegel der Basler Bürger“) ist ab 1225 anzunehmen. Es wurde schon im 13. Jahrhundert und dann erneut nach dem Erdbeben von 1256 verfeinert, ohne das Siegelbild wesentlich zu verändern. Die Komposition hat große Ähnlichkeit mit dem Bremer Stadtsiegel von 1230, aber die Kathedralen werden von entgegengesetzten Enden gezeigt. In beiden weist der Mittelschiffsbereich zwischen zwei Türmen im unteren Teil eine Gruppe dreier Bögen auf. Aber in Bremen sind es drei Portale der Westfassade, in Basel drei Fenster eines runden Chorschlusses. Dementsprechend ist im Basler Siegel unterhalb der drei Öffnungen Quadermauerwerk gedeutet. Dabei gibt es interessante Vereinfachungen: Verglichen mit einer Darstellung des Münsters kurz von dem Erdbeben von 1356 und mit dem heutigen Zustand, ist das Halbrund mit den drei Fenstern der Obergaden eines Umgangschors, dessen Empore und dessen unterer Umgang bis vor die Chorflankentürme und innen bis unter die Chorflankentürme reichte. Der für die Zeit kurz vor dem Erbeben dargestellte Vierungsturm mag bei der Erstellung des ersten Siegeltypars noch nicht errichtet gewesen sein. Die Darstellung wurde bei den Erneuerungen des Typars zwar verfeinert aber nur geringfügig aktualisiert; nach dem Erdbeben und (wohl ersten Reparaturen) wurde in den Fenstern Maßwerk angedeutet, aber der Verlust der Osttürme wurde nicht berücksichtigt.
Das Basler Siegel zeigt für beide Türme zwei Geschosse mit (großen) Fenstern und darunter ein fensterloses, gequadertes Geschoss.
Das Bremer Siegel zeigt bede Türme aus drei gleichartigen Geschossen. Angesichts der auch späterhin minimalen Befensterung dürfte die Gliederung aller Geschosse durch vertikale vorstehende Linien eine Lisenengliederung andeuten. Anhand des Gemäldes der Fassade von Wilhelm Bruyn, des Gemäldes der Ruine des Südturms aus dem 17. Jahrhundert und Fotos des Nordturms ist aber anzunehmen, dass tatsächlich zwar die im Siegel nicht dargestellten dritten und die zweiten Obergeschosse Lisenengliederungen hatten, die ersten Geschosse zwar Bogenfriese aber keine Lisenen. Ob zur Fassade des Erdgeschosses die Notizen in Salzmanns Bautagebuch Anhaltspunkt liefern, wäre wünschenswert, ist aber fraglich.

Bremer Stadtsiegel von 1230

Basler Stadtsiegel bis 1265


Basler Stadtsiegel nach 1356

Bremer Dom 1864–1878,
vor der Erneuerung

 

Basler Münster vor dem
Erdbeben von 1256

 

Basler Münster von Norden 2023
Wiślica:
Der heutige Bau der Stiftskirche Narodzenia NMP (Mariä Geburt) in Wiślica wurde 1350–1360 mit von dem polnischen König Kasimir III: gestifteten Mitteln errichtet. 1450–1464 erfolge ein Umbau. Das Stfterrelief wurde erst 1464 geschaffen: Kazimir III. hält auf seinen Händen ein Modell der Kirche, das ziemlich originalgetreu erscheint. Allerdings ist die Zahl der Fensterachsen vermindert: Tatsächlich hat der Chor seitlich vier Fensterachsen (der drei Rechteckjoche und des Polygons), das Langhaus ebenso. Im Modell hat das Langhaus drei Fensterachsen, der Chor eine gerade und eine schon leicht eingeknickte des Polygons. Am Langhaus ist das Südportal mit dem Stifterrelief darüber nicht dargestellt

Wiślica, Stifterrelief über dem Südportal

Wiślica, Stiftskirche von Südosten
Bamberg:
Zum Bamberger Dom wurden im späten 15. Jahrhundert wenigstens zwei Stifterbilder veröffentlicht. Eines ist Bestandteil eines 1484 entstandenen Holzschnitts mit dem Wappen des Bamberger Bischofs Philipp von Henneberg. Ein weiteres befindet sich in der Schedel'schen Weltchronik. Beide zeigen nicht das ausladende Querhaus, das zum Domplatz hin von der unter Henneberg errichteten Alten Hofhaltung verborgen wird.

Heinrich II. und Kunigunde, 1484 für Philipp von Henneberg

Schedelsche Welt-
chronik: Heinrich II.
und Kunigunde stiften
den Bamberger Dom


Bamberger Don von Nordosten

Quelle / Literatur

Toni Diederich Karrenbrock:
Rheinische Städtesiegel,
(Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz: Jahrbuch 1984/84)
Neusser DRuckerei und Verlag GmbH, Neuss 1984, ISBN 3-88094-481-4


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